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TAKE COVER Charles Lewinsky: «Andersen»

graphik-2

Von Sebastien Fanzun
9. Oktober 2016

Auf die Dunkelhaft der schwarzen Jacke blickt, wie von ungewöhnlich weit oben, das Kind mit einem Gesicht so bleich und rund wie ein Mond bei Eichendorff. Über die linke Gesichtshälfte zieht sich ein gewisser Schatten, aber rechts scheint die Pausbacke in hellem Licht. Worüber sich die blassen Lider senken, muss unklar bleiben. Die Stirn ist unsichtbar, von der Bildoberkante abgeschnitten. Oder vielleicht hat das Kind auch keine, und also auch nichts, um mit seiner Hand erstaunt daran zu schlagen. Der Körper steckt in einem weissen Hemd, dessen Kragen rechts frech über das Schwarz der Jacke hervorlugt, während links alles eng anliegt. Eine Krawatte hält ihn zusammen, als dränge vom Bauch her etwas zum Kopf hin, dem mit wohlgeknüpftem Stoff aufgehalten werden müsste. Aber das meiste Textil ist schwarzes Textil, nachtschwarz wie der Hintergrund, vor dem das Kind steht oder aus dem es hervorgeht: die Jacke. Mit beiden Händen setzt das Kind zum Zuknöpfen an – auch mit einer Linken, die man vielleicht schon verschwunden geglaubt hätte. Was für ein Recht wird sich hier herausgenommen? Und die Hände sind ja wohl doch zu gross für ein Kind, geradezu überlebensgross; wenn auch nicht unbedingt Musiker-, eher Handwerkerhände, griffsicher, autoritär-auktorial. Die Frage, ob es denn wirklich so zugeknöpft sein muss, ist sicher verfehlt. Diese Hände könnten das geneigte Ohr(läppchen) wohl ergreifen wie das Finale der Jupiter-Symphonie. Was verschliesst sich, wenn dieser Knopf zugeht? Und dann: Hemd, Krawatte, schwarze Jacke – sind das die Kleider, die der Kaiser nicht anhat? Es ist die Haltung, die überzeugt.